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Wie sauber muss ein Diesel sein? (viel Text)

 
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Bertil
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Beitrag11-08-2003, 23:52    Titel: Wie sauber muss ein Diesel sein? (viel Text) Antworten mit Zitat

Quelle: P.M. Magazin 08/2003
http://www.pm-magazin.de/de/heftartikel/ganzer_artikel.asp?artikelid=727


Autotechnik
Wie sauber muss ein Diesel sein?


Seit jeher steht Dieselruß im Verdacht, Krebs zu erregen. Stimmt nicht, sagen Forscher jetzt

Die Botschaft des Werbevideos von Peugeot ist klar: Nicht ein einziges schwarzes Rußteilchen bleibt hängen, wenn ein blütenweißes Taschentuch an den Auspuff des laufenden Motors gehalten wird. Das Dieseltriebwerk des Peugeot nagelt im Leerlauf still vor sich hin, stößt aber keine dreckigen Abgase aus – das Taschentuch bleibt sauber, die Umwelt rein. Denn der Wagen hat einen Rußfilter.

Dieselfahrzeuge mit Rußfiltern von Peugeot und Citroen verkaufen sich blendend. Dennoch sehen deutsche Automobilfirmen in den Partikel-Killern kein Allheilmittel gegen schädliche Verbrennungsrückstände. Ein heftiger Wettstreit ist unter den Motorkonstrukteuren darüber entbrannt, wie denn die Schadstoffe aus dem Auspuff der immer beliebteren Selbstzünderaggregate unschädlich gemacht werden oder erst gar nicht entstehen können. Richtschnur sind die europäischen Abgasnormen: Die geltende Euro-3-Norm läuft bald aus; ab 2005 müssen alle neu zugelassenen Diesel-Pkw die schärfere Norm Euro 4 erfüllen. Voraussichtlich fünf Jahre später, 2010, gilt dann die nächsthöhere Stufe Euro 5.

Schon Euro 4 sieht gegenüber der noch geltenden Norm eine Senkung der Partikel im Dieselabgas um 50 Prozent auf 0,025 Gramm pro Kilometer vor. Auf den 1000 Kilometern zwischen Hamburg und Bozen beispielsweise darf dann der Auspuff nur noch einen Esslöffel Ruß ausspucken. Diese 25 Gramm entsprechen etwa der gleichen Menge an Staub, den die Bremsbeläge absondern, und sie sind gerade mal ein Drittel dessen, was die vier Reifen an Abrieb auf dieser Strecke lassen.

Mit Euro 4 sollen auch die anderen Schadstoffe im Abgas weiter gesenkt werden. Die Kohlenmonoxidemission (CO) um 22 so-
wie die Stickoxide (NOx) um 50 Prozent. Diese politischen Vorgaben werden als Wirkungsvorschriften bezeichnet, die keinen bestimmten Techniken zur Einhaltung der Grenzwerte unterliegen. Es ist Sache der Hersteller, zu welchen technischen Lösungen sie sich entschließen.

Beim Diesel stehen die Partikel besonders heftig in der Diskussion – Verbrennungsrückstände unterschiedlichster Größe. Bei alten, vor allem schlecht eingestellten, Motoren sind sie als qualmende Wolke mit dem bloßen Auge zu sehen. Sie entstehen, wenn sich trotz des dieseltypischen Luftüberschusses bei schlechter Vermischung von Kraftstoff und Luft lokale Zonen mit Sauerstoffmangel bilden. Die Qualmwolke aus dem Auspuff ist besonders dicht beim Kavalierstart an der grünen Ampel oder beim Hinaufquälen der Brummis an Steigungen: In beiden Fällen wird vom Motor das Maximun gefordert, also sehr viel Kraftstoff eingespritzt, aber relativ wenig Luft angesaugt.

Moderne, sauber eingestellte, Motoren stoßen deutlich weniger Rußteilchen aus. Der Dieselkraftstoff wird nämlich unter deutlich höherem Druck eingespritzt, sodass sich die äußerst feinen Tröpfchen deutlich besser mit der Luft vermischen und eine nahezu vollständige Verbrennung garantieren. Dennoch emittieren auch neue Dieselmotoren unsichtbare »Feinst-Partikel« in der Größe von 100 Nanometer (nm), also 0,01 Millimeter, die der Auspuff ins Freie pustet. Wie gefährlich sind sie?

Einfallstor für die Schadstoffe der Luft ist die Lunge. Wie ein Blasebalg bläst, so atmen wir ein: Die Zwerchfellmuskeln bauen einen Unterdruck auf und ziehen je nach Atmungsintensität etwa einen halben Liter Luft ein, zwölf bis 18 Mal pro Minute, etwa 20000 Mal am Tag. Innerhalb von 24 Stunden nehmen wir zwischen 10000 und 20000 Liter Luft auf. Es ist ein langer Weg von der Nase, in der die Luft vorgereinigt und angefeuchtet wird, über die Bronchien und die Bronchiolen bis hin zu den etwa 300 bis 500 Millionen Lungenbläschen. Die Luftgeschwindigkeit wird dabei immer geringer, und je tiefer ein Teilchen mit der Atemluft in den Organismus gelangt, umso länger kann es dort verweilen, sich festsetzen und Schaden anrichten.

Im Laufe der Evolution hat der Mensch aber Mechanismen entwickelt, um schwebende Teilchen und Staub aus der Atemluft zu filtern. In der Nase lagert sich bereits das Gröbste ab – und ist nach dem Schneuzen im Taschentuch zu sehen. Dieser Filter ist bereits hoch effektiv, und je mehr Staub sich festsetzt, umso besser ist seine Wirkung. Tiefer im Körper bleibt der Staub an den feuchten Oberflächen der Bronchien hängen. Zusammen mit dem Schleim wird er durch feine Flimmerhärchen (Cilien) ständig in Richtung Rachen bewegt; ein Warnsystem mit empfindlichen chemischen Sensoren aktiviert Abwehrmaßnahmen wie Husten und Niesen, damit die Lunge wieder frei wird.

Manche Partikel sind jedoch so fein, dass sie die Bronchien passieren und weiter wandern. Aber das tun sie nicht unbeobachtet: Wie die Polizei auf öffentlichen Straßen patrouilliert, so durchstreifen in den tiefen Verästelungen der Lunge, den Alveolen, bewegliche Fresszellen dieses Revier, in dem es keine Flimmerhärchen mehr gibt. Die Zellen, Makrophagen genannt, stürzen sich auf die Eindringlinge und können sie verdauen – phagozytieren, so der medizinische Fachausdruck.

Wenn die Fresszellen vom Angriff der Partikel jedoch überfordert sind, »schießen sie wild um sich«, sagt Professor Joachim Bruch von der medizinischen Universitätsklinik Essen. »Sie stoßen dann Sauerstoff-Radikale und Stickoxide ab.« Diese überaus gefährlichen Reizstoffe können die benachbarte DNS schädigen und das Entstehen eines Tumors bewirken.

Bisher ist man davon ausgegangen, dass technische Stäube, vor allem die ultrafeinen Partikel aus der Verbrennung von Kraftstoff in Motoren, die Lungenpolizei überlisten und sich in den Alveolen einnisten können. Dort sollen sie Monate und vielleicht sogar Jahre verweilen können und unter Umständen in die Blutgefäße abwandern oder den Lungenbläschen schaden. Nach den allerneuesten Untersuchungen von Professor Bruch aber, die der Wissenschaftler erstmals vor wenigen Wochen auf dem Wiener Motorensymposion vorstellte, stimmt diese Annahme nicht mehr.
Unser Immunsystem kann sich sehr wohl gegen das Eindringen der Feinstpartikel wehren und sie erfolgreich durch die Fresszellen vernichten. Nur dürfen diese, wie erwähnt, nicht in der Minderzahl sein. Damit widerspricht er der gängigen These, dass das Abwehrsystem des Körper mit den Feinstpartikeln nicht zurecht käme. »Es gibt eine Dosis aber keinen Effekt«, sagt Bruch. Denn durch den Oxidationskatalysator für den Dieselmotor seien bereits die am Ruß angelagerten krebserregenden Schadstoffe, etwa die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, umgewandelt worden. Die verbleibende, chemisch inerte Rußmenge (»inert« bedeutet, dass der Ruß keine Verbindungen eingeht und neue Stoffe bildet), liege unter der Euro-4-Grenze und sei so minimal, dass der Schwellenwert einer Gesundheitsschädigung durch einen modernen Diesel deutlich unterschritten werde.

Durch Bruchs Ergebnisse fühlen sich die deutschen Autobauer in ihrer Ansicht bestätigt. Denn bisher ist in keiner Studie nachgewiesen worden, dass der Dieselruß krebserregende Eigenschaften hat. Lediglich an Ratten ist mit tausendfach überhöhter Dosis ein solcher Nachweis erbracht worden. Die heimischen Autofirmen sehen deshalb keine Notwendigkeit für Rußfilter à la Peugeot oder Citroen, die anerkanntermaßen 99 Prozent der Partikel zurückhalten.

Gleichwohl haben sie sich aber untereinander darüber verständigt, nicht etwa den Franzosen das Feld umweltfreundlicher Dieselmotoren mit Rußfiltern zu überlassen – die deutschen Firmen wollen weiterhin die Technologieführerschaft behalten. Auf der Internationalen Automobilausstellung im September, das ist beschlossene Sache, werden sie ebenfalls Motoren mit Rußfiltersystemen anbieten – quasi gegen ihre eigene Überzeugung. Diese werden sich zum Leidwesen der Techniker an die Systeme von Peugeot und Citroen noch anlehnen.
Bei der Peugeot-Version wird ein so genanntes Additiv auf der Basis von Eisen, und dem Naturprodukt aus Bienenwachs, Cerin, sowie einer Mischung von Kupfer, Strontium und Platin, permanent in den Treibstoff eingespritzt. Es setzt sich im Zylinder wie ein Nebel am Ruß fest und senkt dessen Zündtemperatur von normalerweise 600 auf etwa 450 Grad – dadurch werden die Partikel verbrannt. (Ähnlich funktioniert das Entrußen von Ölöfen mit Brennstäbchen). Die Verbrennung der Partikel geschieht je nach Fahrweise automatisch alle 500 oder 800 Kilometer – nun ist der Filter wieder sauber, und lediglich die Asche des Additivs bleibt in ihm zurück. Nachteile dieser Methode: Der Benzinverbrauch steigt, und im Laufe der Jahre muss man den fünf Liter fassenden Additivtank immer wieder nachfüllen. Außerdem sind die Ascherückstände nach 120000 Kilometer so groß, dass sie den Filter verstopfen und einen Austausch notwendig machen – Kosten etwa 300 bis 600 Euro.

Dieses Manko wollen die deutschen Hersteller mit ihrem Filtersystem vermeiden. Audi arbeitet, so geheime Insiderinformationen, an einem System, das den Filter ohne Additiv wieder freibrennt, um eine Verstopfung mit dessen Rückständen zu vermeiden. Dazu muss die Temperatur des Abgases kurzfristig erhöht werden, denn erst ab 600 Grad werden auch die Partikel restlos verbrannt und der Filter regeneriert. »Durch eine zusätzliche, nachgelagerte Einspritzung von Kraftstoff«, so ein Motorexperte, »wird in das bereits brennende Gemisch nochmals eine geringe Menge feinst zerstäubten Diesels unter hohem Druck zugegeben.« Dieser Kubikmillimeter wird zwar verdampft, aber nicht mehr vollständig verbrannt. Er wird an einem, dem Partiekelfilter vorgelagerten Oxidationskatalysator unter Freisetzung von Wärme umgesetzt. Der Prozeß chemischer Umwandlung erhöht die Abgas-Temperatur auf 650 Grad – die Partikel verbrennen im Filter.
In welchen Abständen je-weils eine solche Regenerationsphase für den Filter notwendig ist, hängt von der Fahrweise ab. Im innerstädtischen Kurzstreckenverkehr findet sie automatisch alle 500 bis 800 Kilometer statt, je nachdem wie warm der Motor ist. Bei Langstreckenfahrten können die Intervalle auch schon mal deutlich länger werden. Denn wenn der Fahrer nur etwa eine halbe Stunde lang schnell auf der Autobahn fährt, gelingt es bereits ohne spezielle Aufheizung den Filter von selbst zu regenerieren. Ziel ist, die Reinigung oder gar eine Erneuerung zu vermeiden.
Im VW-Konzern werden mit dem Auslaufen der Euro-3-Norm Ende 2004 voraussichtlich Partikelfilter für die Fahrzeuge angeboten, deren Motoren die Abgashürde Euro 4 ohne Filter nicht schaffen. Das sind in erster Linie die schweren, leistungsstarken Sport-Geländewagen und Luxuslimousinen.

Um die ab ca. 2010 geltende, weiter verschärfte Euro-5-Norm zu erreichen, müssen neue Verbrennungsverfahren entwickelt werden. Die Motoren-Ingenieure arbeiten deshalb an Lösungen, mit denen sich ein gleichmäßiges und im Zylinder homogen verteiltes Diesel-Luft-Gemisch erzielen lässt. Dadurch wäre die Kontaktfläche von Diesel- und Luftteilchen erheblich größer, sodass bei der Verbrennung deutlich weniger Schadstoffe entstünden. Erreichen will man das durch neue Brennraumformen, neue Einspritzdüsen und mehr Druck beim Einspritzen: Derzeit beträgt er je nach System zwischen 1350 und 2050 bar (entspricht dem Druck eines VW Golf auf einen Daumennagel) – für die Einhaltung der Euro-5-Norm wird er auf 1800 bis 2400 bar angehoben. Noch ist das Zukunftsmusik.
Zunächst steht die Einhaltung der Euro-4-Norm ab 2005 an: ein Ziel, das etliche Motoren, vor allem kleinere, aber auch jene wie das leistungsstarke Audi V6 Triebwerk mit 180 PS bereits heute erreichen – dank des schwefelfreien Dieselkraftstoffs auch ohne Rußfilter. Wenn sie auf den Markt kommen, winken Steuerprämien. Wer für die Umwelt mehr tun will, kann ja einen Rußfilter zusätzlich bestellen – und mit dem Taschentuchtest am Auspuff zeigen, dass er eine »weiße Weste« hat.

Autor(in): Wolfgang Stegers

Weitere Infos über die Arbeitsweise von DPF + Oxikat:
http://www.mdpi.org/ijerph/papers/ijerph2006030038.pdf




Genug zitiert!

Für mich interessant ist der Taschentuch Test. Ich bin gleich mal zu meinem AXR gerannt und habe ihn druchgeführt. Das Ergebnis: Ich habe eine weiße Weste! icon_biggrin.gif icon_biggrin.gif
Irgendwie habe ich den Eindruck das der Autor den DPF zwar als positiv einstuft, aber ihm doch noch sehr kritisch gegenübersteht. Schadstoffe oder bzw. Partikel die erst gar nicht entstehen sind am besten zu kontrollieren.
Das ein EU4 Dieselmotor mehr Reifenabrieb und Bremsstaub in die Umwelt bläst ist mir bisher nicht so bekannt gewesen. Diese Aussage ist aber sehr interessant. Jetzt wird es langsam Zeit Emissionswerte für die Reifen und die Bremsbeläge einzuführen!


Leider enthält der Artikel einige massive Fehler:
VW plant den Einsatz des DPF nur als Aufpreispflichtige Option, da die neuen 4 und 6 Zylinder Motoren die EU4 schon erfüllen. Bei den Großlimousinen/Geländewagen benutzt man den Trick der Gewichtsbesteuerung (>2,8t zGG) und das Fahrzeug fällt unter die Abgasvorschrifen von NKWs. Der V10 TDI ist eine echte Dreckschleuder und erreicht noch nicht einmal EU3 (BMW M5 und Mercedes M Klasse sind auch nicht besser).
Die Einhaltung der EU5 Norm mit 1800bar Einspritzdruck ohne DPF dürfte (so die Aussage von SVA und BOSCH) nicht möglich sein. Die PD Technik erreicht schon länger 2050bar und erreicht mit allen Optimierungen EU4. Zur EU5 fehlt da noch ein gutes Stück.

Ach ja und da wäre auch noch die Info das der DPF nur mit dem Schwefelarmen Diesel, wecher in er EU verwendet wird, funktioniert.
Gruß Bertil

5E5 CZDA + R50 W10 + CD5 DTSB + 161 DX

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